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JURIDICA INTERNATIONAL. LAW REVIEW. UNIVERSITY OF TARTU (1632)

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On the Role of Consistency of the LegalSystem in a Democratic Republic

XVI/2009
ISBN 978-9985-870-26-6

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Privatisierung und modernes kommunales Unternehmensrecht. Eigengesellschaft oder Kommunalunternehmen in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts als Gegenbewegung zur Privatisierung

Über Bedeutung und Notwendigkeit der Privatisierung zur Staatsentlastung und Haushaltsschonung aber auch zur Konzentration auf die Kernverwaltung besteht Einigkeit. *2

Herr Maurer hat ausgehend von den verschiedenen Begriffen der Privatisierung vor allem die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen und Grenzen materieller Aufgabenprivatisierung entwickelt.

Die Vielfalt der Privatisierungsmöglichkeiten, Formen und Mischformen, Kooperationsmöglichkeiten zwischen Staat und privatem Sektor (bei Verbleib hoheitlicher Gesamtverantwortung) hat Herr Schoch noch einmal aufgegriffen. *3 Er ist dann in einen Bereich vorgedrungen, der lange Zeit in der Privatisierungsdiskussion tabu war, die Sicherheitsaufgaben. *4 Schoch hat dabei auch dargelegt, wie private Anbieter Handlungsfelder entdecken und für sich nutzen, die der Staat hat brachliegen lassen, die aber infolge gewandelter Verhältnisse beackert werden müssen: z.B. private Sicherheitsdienste, deren Tätigkeit indirekt auch zur Sicherheit im öffentlichen Bereich beitragen. *5

So kann ich mich einem Aufgabenspektrum zuwenden, in dem Privatisierungsbemühungen schnell an Grenzen stoßen: der kommunalen Daseinsvorsorge. Auch generelle Aufforderungen in Kommunalordnungen zur Prüfung von Privatisierungsmöglichkeiten – gedacht zur Haushaltsentlastung und eingefügt im Rahmen der Reform der Haushaltsrechte *6 haben wenig gebracht. Immerhin haben sie der Privatisierungsdiskussion weiteren Auftrieb gegeben. *7

Im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge verpflichten die Landesgesetzgeber die Kommunen, lebensnotwendige Leistungen für die Bürger selbst zu erbringen oder zumindest deren nachhaltige und sozialverträgliche Erfüllung zu garantieren. Kommunale Pflichtaufgaben *8 sind privatisierungsfest. *9 Echte materielle Privatisierungen – also der volle Rückzug aus einer originär kommunalen Aufgabe – im Bereich kommunaler Daseinsvorsorge kommen infolge des Bestandsschutzes *10 oder mangels wirtschaftlicher Lukrativität *11 kaum in Betracht. So bleibt unter dem Schlagwort Privatisierung im kommunalen Bereich im Wesentlichen der Aufgabenkomplex der Leistungsverwaltung, die in wirtschaftlichen Formen erbracht werden kann.

Ein kommunales Wirtschaftsrecht ist nicht neu. Eigengesellschaft und Beteiligungsgesellschaft stehen schon lange neben öffentlichrechtlichen Formen der wirtschaftlichen Leistungserbringung namentlich im Eigenbetrieb. Eigengesellschaft, Beteiligungsgesellschaft und speziell auf das wirtschaftliche Handeln von Kommunen zugeschnittene Mischformen haben jedoch vor dem Hintergrund von Privatisierungsforderungen an Bedeutung gewonnen.

Unter dem Aspekt Privatisierung ging und geht es im kommunalen Bereich *12 freilich primär um Fragen der formellen Privatisierung, der Organisationsprivatisierung – die Aufgabe verbleibt bei der Kommune, nur die Aufgabenerfüllung erfolgt in privatrechtlicher Rechtsform. Privatisierung bedeutet also im kommunalen Bereich grundsätzlich eine Verlagerung von Aufgaben aus der unmittelbaren in die mittelbare Kommunalverwaltung mit dem Ziel einer effektiveren, marktkonformeren Aufgabenerfüllung sowie der Haushaltsentlastung. Erreicht wird dies durch einen Wechsel der Rechtsform in der Aufgabenerledigung.

Ausblenden werde ich in meinem Referat die funktionale Privatisierung, die Einschaltung privater Dritter als Beliehener in die Aufgabenerfüllung. Zudem kann ich nicht eingehen auf Fragen der Zulässigkeit kommunaler Wirtschaftstätigkeit primär unter dem Aspekt des Rechtsschutzes privater Konkurrenten beim Einstieg von Kommunen in neue Geschäftsfelder. *13 Hier haben sich die Kommunen trotz zwischenzeitlich erfolgter gesetzlicher und gerichtlicher Klärungen immer noch Zangenangriffen der Privatwirtschaft und der EU zu erwehren. *14 Kommunale Spitzenverbände und Kommunalminister erteilen in seltener Einigkeit allen Liberalisierungsbestrebungen aus Brüssel in Bezug auf kommunale Daseinsvorsorgeaufgaben wie etwa die Trinkwasserversorgung eine Absage. *15

Im Folgenden geht es also vor allem um die Abgrenzung von Eigengesellschaft und Wirtschaftsunternehmen in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts. Dazu werde ich in einem ersten Teil kurz allgemein auf Privatisierungen im Bereich kommunaler Daseinsvorsorge und die Gegenbewegung zur Festigung öffentlichrechtlicher Organisationsformen eingehen. Im ausführlicheren zweiten Teil steht dann das moderne kommunale Unternehmensrecht im Focus. Dabei geht es auch und vor allem um eine wirksame Steuerung durch die kommunalen Vertretungsorgane. Der Vortrag schließt mit einer Gesamtbewertung.

1. „Privatisierung“ kommunaler Daseinsvorsorge

Bis in die 90er Jahre war es gemeinsame gesellschaftspolitische Überzeugung, dass die kommunalen Aufgaben grundsätzlich öffentlich-rechtlich, grundsätzlich auf das eigene Gebiet beschränkt und grundsätzlich ohne Beteiligung privater Dritter zu erfüllen waren. „Zwei politische Entwicklungen markierten Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts das Ende dieser heilen Welt: Zum einen die vom angloamerikanischen Raum auf den europäischen Kontinent überschwappende und erst jetzt allmählich auslaufende Grundwelle („Reaganomics“, „Thatcherismus“), wonach „Private“ alles besser, schneller und vor allem billiger können als öffentliche Unternehmen, zum anderen die Einführung des Europäischen Binnenmarkts.“ *16

Gerade in der Daseinsvorsorge sind die Kommunen schon lange an Grenzen ihrer Leistungs- und Finanzierungsfähigkeit gestoßen. Wettbewerbsdruck, kommunale Haushaltsprobleme und allgemeine strategische Überlegungen haben namentlich ab Mitte der 90er Jahre zu einer Welle von Auslagerungen und Kooperationen mit privaten Anbietern geführt. Alfred Katz stellt diesen Wandel unter das Schlagwort: Von Omnipotenz zu Subsidiarität und Dezentralisation. *17 Die kommunale Daseinsvorsorge – traditioneller Kernbestand des kommunalen Leistungsprofils – ist von dieser Entwicklung besonders betroffen. In Bereichen der kommunalen Ordnungsverwaltung – z.B. der Bauleitplanung – spielen insbesondere Kooperationen mit privaten Anbietern eine steigende Rolle. So wird nicht zu Unrecht vor einem schleichenden Ausverkauf oder doch einem bedenklichen Verlust an Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten urkommunaler Agenden gewarnt. *18

Besondere Brisanz hat das Thema Organisations-Privatisierung gewonnen, seit Kommunen die Privatisierung oder richtiger gesagt: die Tätigkeit am Markt – zur Konsolidierung ihrer Haushalte entdeckt und in Annexbereiche kommunaler Aufgaben und darüber hinaus auch in nicht unmittelbar dem Bürgerwohl dienende Bereiche ausgeweitet haben: Einsatz ihres Fahrzeugparks jenseits der Grenzen, der Reparaturbetriebe für Privatunternehmen, der Gartenbetriebe für nichtkommunale Anlagen etc. etc. *19

Blenden wir privatisierungsfeste Kern-Bereiche *20 kommunaler Ordnungsverwaltung aus wie die Sicherheitsverwaltung, das Ausweis- und Meldewesen und der Gleichen, und vernachlässigen wir voll privatisierbare Aufgaben – Gebäudereinigung, Reparatur von Fahrzeugen, gärtnerische Gestaltung, also technische Hilfsaufgaben und Nebenleistungen – so suchen und finden die Kommunen Partner aus der freien Wirtschaft oder verschieben Leistungsaufgaben aus dem eigenen Wahrnehmungsbereich und Kommunalhaushalt in die „kommunale Schattenwirtschaft“ oder positiv ausgedrückt: in den Bereich der mittelbaren Kommunalverwaltung.

Ist der Wandlungsprozess in der öffentlichen Aufgabenerfüllung namentlich im Bereich des Public-Private-Partnership *21 noch in vollem Gange, so befinden wir uns auf dem Felde des Outsorcing wirtschaftlicher Agenden in kommunale Eigengesellschaften auf gesetzlich weitgehend gesichertem Terrain. Der Wandel vom Leistungs- zum Gewährleistungsstaat ist gekennzeichnet allein durch eine Verschiebung der Wahrnehmungskompetenzen *22 auf eigenständige aber von den Kommunen getragene juristische Personen. Steuerung und Kontrolle bleiben – jedenfalls rechtlich – in der Hand der unmittelbaren Kommunalverwaltung mit ihren demokratisch legitimierten Gremien. Der Gewährleistungsverantwortung ist auf diese Weise noch am ehesten nachzukommen. – Kommunale Steuerung und unternehmerische Freiheit bedeuten keinen unlösbaren Spagat! *23

Dies gilt gleichermaßen für eine Verselbständigung der Aufgabenwahrnehmung in der Form der öffentlichrechtlichen Anstalt wie für ein Outsorcing in eine Eigengesellschaft privaten Rechts.

Steuerung und Kontrolle und damit die unmittelbare demokratische Anbindung an das kommunale Muttergemeinwesen bestimmen aber auch die Einbeziehung außenstehender Privater in die Erfüllung kommunaler Aufgaben, so etwa in Kooperations-, Betreiber- oder Betriebsführungsmodellen, in Leasing- oder Konzessionsmodellen. *24 – Diese Möglichkeiten der Privatisierung müssen im Referat ebenso ausgeschlossen bleiben wie ein Blick auf die namentlich durch die Privatisierung bescheunigte Reform des kommunalen Haushaltsrechts von der Kameralistik zur Doppik, um den Kernbereich des kommunalen Unternehmensrechts – die Eigengesellschaft und das Kommunalunternehmen in Anstaltsform näher betrachten zu können.

Spätestens seit der GO 1935 hat den Kommunen bereits ein auf sie zugeschnittenes Wirtschaftsrecht zugestanden. *25 Auch war ihnen grundsätzlich die Wahlfreiheit zwischen der Nutzung öffentlich- oder privatrechtlicher Rechtsformen eingeräumt. Freilich ist nicht zu übersehen, dass manche Länder der Nutzung öffentlichrechtlicher Formen im Hinblick auf eine besser zu kontrollierende Anbindung an die kommunalen Vertretungsorgane eine Präferenz eingeräumt haben. Die sprichwörtliche Eigengesellschaftsfeindlichkeit *26 etwa des Bayerischen Gesetzgebers, die Furcht vor einem Entgleiten in nicht zu steuernde Bereiche, ist erst unter dem Privatisierungsdruck der 90er Jahre aufgegeben worden. Gleichzeitig wurde aber die öffentlichrechtliche Rechtsform der Anstalt so attraktiv ausgestaltet, dass man damit glaubte, der Flucht kommunaler Betriebe aus dem öffentlichen Recht gegensteuern und den Druck ins Gesellschaftsrecht der GmbH abfangen zu können. *27 Auf diese speziell für das kommunale Wirtschaftsrecht entwickelte öffentlichrechtliche Rechtsform des „Kommunalunternehmens“ wird in Abgrenzung zur kommunal getragenen GmbH im Folgenden einzugehen sein.

Neuerdings ist mit Schoch *28 eine „Gegenbewegung“ zur Privatisierung festzustellen, bestimmt durch nicht erfüllte Erwartungen und auch schlechte Erfahrungen.

2. Ein modernes kommunales Unternehmensrecht

2.1. Erweiterung der „defizitären Formentypik des öffentlichen Rechts“ – die unternehmensadäquate ­Ausgestaltung der Anstalt öffentlichen Rechts – AöR

Ein modernes kommunales Unternehmensrecht ist gekennzeichnet durch eine breite Formenpalette *29 , volle Wahlfreiheit zwischen öffentlichrechtlicher oder privatrechtlicher Ausgestaltung der Unternehmensstrukturen und Einbeziehung Privater in die mittelbare kommunale Unternehmensverwaltung. Grundvoraussetzung jeder Auslagerung ist und bleibt jedoch die Sicherung der Erfüllung des Gemeinwohls oder anders ausgedrückt: des öffentlichen Zwecks sowie die demokratische Legitimation im Wege effektiver Steuerung und Kontrolle durch die kommunalen Vertretungskörperschaften.

Ausgelöst durch die immer deutlicher zu Tage tretende Finanzmisere und die Erkenntnis, diese mit herkömmlichen Mitteln nicht mehr in den Griff zu bekommen, haben immer mehr Kommunen ihr Heil in einer neuen Selbstverwaltungsphilosophie gesucht, bestimmt durch Schlagworte wie „Unternehmen Stadt“ *30 , „Wirtschaft statt Stadt“ *31 , Outsorcing *32 und neue Steuerung *33 , Budgetierung und Doppik statt Kameralistik. Verstärkt wird der Druck zu Reformen in der Daseinsvorsorgeverwaltung durch die im Zuge der Europäisierung stattfindende Liberalisierung insbesondere in der Strom- und Wasserversorgung, die die nunmehr im Wettbewerb befindlichen kommunalen Unternehmen vor bisher nicht gekannte Herausforderungen stellt. Aus allem klingt ein „unternehmerischer Geist“, der die Diskussionen bestimmt und zunehmend in den Kommunen Einzug hält, aber auch den herkömmlichen kommunalen Aufgabenbestand ausdehnt und kommunale Verwaltungen zum Eindringen bzw. Expandieren in den Markt *34 veranlasst. Vermehrt dienen derartige Tätigkeiten nicht in erster Linie der Deckung des Bedarfs der Bürger, sondern primär der Erzielung von Einnahmen für das jeweilige Budget. Diesen Aktivitäten klare und den neuen Prämissen gerecht werdende Grenzen zu setzen, eine Rückbindung an das Kommunalrecht zu geben und gleichzeitig die „defizitäre Fomentypik des öffentlichen Rechts“ *35 zu erweitern, musste Aufgabe und Ziel eines neuen kommunalen Unternehmensrechts sein.

Mag mit der notwendigen Rückbesinnung auf die kommunalen Kernaufgaben die unmittelbare unternehmerische Betätigung auch zurückgehen – die Stadt der Zukunft soll ja Gewährleister statt Rundumversorger sein – ein modernes, eigenständiges Kommunalunternehmensrecht ist nötiger denn je geworden.

2.2. Vom kommunalen Wirtschaftsrecht zum kommunalen ­Unternehmensrecht *36 als Gegenbewegung zur Privatisierung ­kommunaler Daseinsvorsorgeaufgaben

Bis in die 90er Jahre bilden die Bestimmungen der DGO 1935 – sieht man einmal von föderalismusbedingten unterschiedlichen Ausgestaltungen in den Gemeindeordnungen der Länder mit Schwerpunkten beim kommunalen Eigenbetrieb ab – die Grundlage des kommunalen Wirtschaftsrechts.

Schon in den 60er Jahren und verstärkt wieder in den neunziger Jahren setzte dann allerdings ein Trend zur Verselbständigung kommunaler Wirtschaftsunternehmen ein. Mehr und mehr Gemeinden erkannten einen echten oder vermeintlichen Vorzug privatrechtlicher Organisationsformen und wandelten ihre Eigenbetriebe in Eigengesellschaften um. *37 Mit der zweiten Welle der Privatisierungsdiskussion *38 ging schließlich die neue Kommunalphilosophie einer zunehmenden Beschränkung auf die Kernverwaltung einher. Ausgelagerte kommunale Betriebe aber sollten möglichst eigenständig agieren und Organisations- und Handlungsmuster aus der Wirtschaft übernehmen.

Diese Entwicklung rief eine Gegenbewegung hervor, die die Gefahren der Abkopplung kommunaler Wirtschaftsunternehmen von der Kontrolle ihrer Muttergemeinwesen herausstellte *39 und den Vorrang des öffentlichrechtlichen Eigenbetriebsrechts besonders betonte. *40

Das in die Jahre gekommene Eigenbetriebsrecht machte eine grundlegende Reform des kommunalen Wirtschaftsrechts erforderlich, die dem Bedürfnis nach Verselbständigung der kommunalen Betriebe und der Notwendigkeit ihrer Steuerung und Kontrolle durch die kommunalen Vertretungskörperschaften gleichermaßen Rechnung tragen konnte. Gleichzeitig musste ein neues kommunales Unternehmensrecht den Herausforderungen gerecht werden, die durch fortschreitende Deregulierung und Liberalisierung der Märkte erwachsen waren, ohne dabei die ordnungspolitische Balance zwischen kommunaler und privater Wirtschaft zu stören. *41

Entscheidender Beweggrund für die Einführung dieser Rechtsform war es, den Trend zur Umwandlung in und zur Gründung von Unternehmen in privater Rechtsform einzudämmen. Es sollte die „Konkurrenzfähigkeit“ der öffentlich-rechtlichen Rechtsform wiederhergestellt werden, indem diese flexibler ausgestaltet wurde, eine größere Selbständigkeit als Regie- und Eigenbetriebe gewährte und insoweit der GmbH angenähert ist, gleichzeitig aber die Vorteile des öffentlichen Rechts aufweist.

Bayern hat nach der ersten Modernisierung im Jahre 1995 *42 in einem zweiten Schritt 1998 *43 sein kommunales Wirtschaftsrecht grundlegend reformiert und zu einem kommunalen Unternehmensrecht umgestaltet: Zudem hat es den Vorrang der öffentlichrechtlichen Rechtsform anders als Z.B. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen aufgegeben. Gleichermaßen verzichtet das kommunale Unternehmensrecht in Bayern nunmehr anders als z.B. das in Nordrhein-Westfalen auf die Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten, eine Unterscheidung die seit eh und je Streitfragen aufgeworfen hat. *44 Damit hat Bayern die Vorreiterrolle *45 auf dem Weg zu einem modernen kommunalen Unternehmensrecht übernommen.

In diesem „kommunalen Unternehmensrecht“ kommt eine Philosophie zum Ausdruck, nach der öffentlich-rechtliche Rechtsformen mit den Vorzügen der privatrechtlichen Organisationsformen verbunden und gleichzeitig die Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten der Kommunen bei Verbesserung der Transparenz der Aufgabenerfüllung gesichert werden. *46

Mit der neuen selbständig ausgeformten Rechtsform des Kommunalunternehmens als besonders ausgeformte Anstalt des öffentlichen Rechts ist eine Lücke geschlossen zwischen Eigenbetrieb und Eigengesellschaft. *47

Nicht beabsichtigt war es, bestehende Unternehmen auf den Prüfstand zu stellen und der Neufassung der Schrankentrias zu unterwerfen. *48

Damit fängt das Kommunalunternehmen – die besonders ausgestaltete AöR – Entwicklungen der Organisationsprivatisierung auf, die zu einer „demokratischen Schattenwirtschaft“ geführt haben. *49

2.3. Die Entwicklung in anderen Ländern

Während die Stadtstaaten Berlin *50 und Hamburg *51 bereits zuvor Eigenbetriebe kraft Gesetzes in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts umgewandelt hatten, war Bayern das erste Flächenland, das den Kommunen 1995 die Rechtsform des Kommunalunternehmens neben anderen Rechtsformen zur Auswahl zur Verfügung stellte. In der Folgezeit sind die Länder Rheinland-Pfalz (1998) *52 , Nordrhein-Westfalen (1999) *53 , Sachsen-Anhalt (2001), und Schleswig-Holstein (2002), Niedersachsen (2003) *54 und zuletzt Brandenburg (2007) *55 im Wesentlichen dem bayerischen Beispiel gefolgt. Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein haben auch den Begriff des Kommunalunternehmens übernommen. Die anderen Gemeindeordnungen – ausgenommen Baden-Württemberg und Sachsen, die keine Neuregelung kennen – sprechen schlicht von der Anstalt öffentlichen Rechts (AöR). *56 Die konkrete Ausgestaltung der Rechtsform variiert freilich je nach Unternehmensphilosophie von Land zu Land, abzulesen im wesentlich an der Fassung der Privatschutz- und Subsidiaritätsklausel sowie an der Dichte kommunaler Steuerungs- und Kontrollrechte ihrer in die mittelbare Kommunalverwaltung *57 ausgelagerten Aufgaben. *58

Einen anderen Weg hat dagegen Baden-Württemberg und ihm folgend Sachsen eingeschlagen. *59 Dort wurde 1999 wie in Bayern zwar auch die Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Unternehmen sowie der Vorrang öffentlich-rechtlicher Rechtsformen aufgegeben *60 , die Subsidiaritätsklausel und die Regelung über die Zweckbindung neu gefasst bzw. konkretisiert sowie die Transparenz unternehmerischer Betätigung der Gemeinden erhöht. *61 Als Ausgleich für den Wegfall des Vorrangs der öffentlich-rechtlichen Rechtsform wurden die gesetzlichen Anforderungen an und Möglichkeiten zur Steuerung und Kontrolle der Unternehmen in Privatrechtsform durch die Kommune verstärkt. Gleichzeitig entschied sich der baden-württembergische Gesetzgeber aber gegen die Einführung einer neuen Rechtsform und für den Ausbau der Eigenbetriebsform – als nichtrechtsfähige öffentliche Anstalt. *62 Der Betriebsleitung wurde eine weitergehende Selbständigkeit zugestanden und die Betriebsführung und -prüfung wirtschaftlichen Grundsätzen unterworfen.

Ob diese Maßnahmen ausreichen, um den „ungebrochenen Trend zur Ausgliederung“ *63 auf privatrechtliche Organisationsformen aufzuhalten, darf indes bezweifelt werden. *64

2.4. Voraussetzungen kommunaler Unternehmenstätigkeit

Ausgehend von einer selbstverständlichen Zulässigkeitsvoraussetzung der Geeignetheit einer Daseinsvorsorgeaufgabe zur Wahrnehmung in unternehmerischer Handlungsform sind die Grundvoraussetzungen der seit der DGO 1935 geltenden Schrankentrias den verfassungsrechtlichen Vorgaben und Grenzen *65 und in der Dichte der Aussage der neuen Kommunalwirtschaftsphilosophie angepasst worden. In kaum einem anderen Bereich haben sich Voraussetzungen kommunaler Tätigkeit in den Bundesländern in den letzten Jahren so auseinander entwickelt wie in der Ausgestaltung der Kommunalwirtschaftsklauseln – den Detailvoraussetzungen der Schranken kommunaler Wirtschaftstätigkeit.

Lassen Sie uns von der bayerischen Regelung ausgehen und die Einzelvoraussetzungen kommunaler Wirtschaftstätigkeit betrachten:

2.4.1. Der öffentliche Zweck kommunaler Aufgabenerfüllung

Bedeutsam für die Zulässigkeit der Errichtung, Übernahme und Erweiterung – nicht aber die Fortführung – kommunaler Unternehmen (Art. 87 BayGO) ist vor allem die Konkretisierung dahingehend, dass „ein öffentlicher Zweck das Unternehmen erfordert“ (Art. 87 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayGO). *66 Ein nur „rechtfertigt“ wie es andere Kommunalgesetze z.B. § 116 GO LSA oder § 121 HGO (noch) vorsehen, reicht nicht mehr aus.

Noch weniger reicht es aus, dass eine Verschiebung von Aufgaben in den privaten Sektor öffentlichen Interessen nicht schadet, so wie es wohl im estnischen Gesetz zur Verwaltungszusammenarbeit normiert ist.

Vor allem aber hat der bayerische Gesetzgeber eine klare Aussage zur Gewinnerzielungsabsicht formuliert und damit Tendenzen zur Ausweitung kommunaler Agenden in den Bereich der Wirtschaft – zum Zwecke der Haushaltskonsolidierung – einen klaren Riegel vorgeschoben. Ausdrücklich wird Tätigkeiten, mit denen gemeindliche Unternehmen an dem vom Wettbewerb beherrschten Wirtschaftsleben teilnehmen und deren Hauptzweck es ist, Gewinn zu erzielen, vom Gesetzgeber selbst der öffentliche Zweck abgesprochen (Art. 87 Abs. 1 Satz 2 BayGO). *67 Vor dem Hintergrund der zunehmenden Expansion der Städte und Gemeinden in immer neue Aufgabenbereiche, dem Trend zur Ausgliederung und Verselbständigung kommunaler Wirtschaftseinheiten und der daraus resultierenden Gefahr des Verlusts kommunaler Steuerung und Kontrolle sollen sich die Kommunen – im eigenen und letztlich im Interesse der Bürger – auf ihre Kernaufgabe als Gewährleister einer Grundversorgung ihrer Bürger beschränken. *68

Verwaltungsrechtsprechung und herrschende Meinung in der Literatur verneinen einen Drittschutzcharakter der kommunalrechtlichen Schrankentrias, insbesondere der Subsidiaritätsklausel zugunsten privater Unternehmen im Wesentlichen mit dem Hinweis auf den Zweck der Vorschrift. Auch der Zivilrechtsweg über § 1 des Gesetzes über unlauteren Wettbewerb hat der BGH verbaut. *69 Dementsprechend fordert etwa Suerbaum den Gesetzgeber auf, den Konkurrentenschutz zu regeln. *70

Zudem sei schließlich darauf hingewiesen, dass die Kommunalminister ihrer Klientel entsprechend eher für eine Stärkung und Einengung der Schranken kommunaler Unternehmenstätigkeit, die Wirtschaftsminister dagegen für einen Rückzug der Kommunen eintreten. Besonders deutlich wurde dies in einem Grundsatzreferat des Niedersächsischen Wirtschaftsministers bei den 17. Bad Iburger Gesprächen zum Kommunalrecht 2007, der für einen „geordneten Rückzug der Kommunen“ plädiert hat. *71

2.4.2. Die Kommunalschutzklausel

Die Kommunalschutzklausel fordert nach wie vor, dass das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Kommune und zum voraussichtlichen Bedarf steht.

2.4.3. Die Schutzklausel zugunsten der Privatwirtschaft

Die dritte Schranke, die Schutzklausel zugunsten der Privatwirtschaft wurde in Bayern auf den Bereich kommunalen Tätigwerdens außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge eingeschränkt (Art. 87 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BayGO) *72 und damit die ordnungspolitische Balance zwischen kommunaler und privater Wirtschaft erneut festgeschrieben: die Erfüllung ureigener kommunaler Daseinsvorsorgeaufgaben – wie sie sogar in der Bayerischen Verfassung verankert sind – sollen auch wirtschaftlich angeboten werden können. – In diesem Bereich besteht eine gewisse Variationsbreite für die Kommunal-Philosophie der Landesgesetzgeber. – Ergänzt wird diese generelle Zielrichtung der Beschränkung kommunaler Wirtschaftstätigkeit durch das Schädigungsverbot im Rahmen der Führung eines konkreten kommunalen Unternehmens (Art. 95 BayGO). *73

2.4.4. Die Öffnung der Territorialklausel

Zudem ist die Territorialklausel in Art. 87 Abs. 2 BayGO den neuen Anforderungen entsprechend gefasst. Ausnahmsweise zulässige Gebietsüberschreitungen werden allgemein geregelt. *74

Die aufsichtliche Genehmigung ist entfallen.

Nebenbei sei schließlich bemerkt: Der eingangs angesprochenen neuen Kommunal-Unternehmensphilosophie entsprechend fordert z.B. der bayerische Gesetzgeber zudem für die allgemeine tägliche Unternehmensführung ausdrücklich die Einhaltung betriebswirtschaftlicher Grundsätze, insbesondere des Grundsatzes der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit und mahnt die Erfüllung des öffentlichen Zwecks auch bei der Unternehmensführung an. Dadurch wird nochmals die angestrebte Symbiose zwischen kommunaler Aufgabenerfüllung und einer (privat-)wirtschaftlichen Grundsätzen gerecht werdenden Unternehmensführung verdeutlicht.

2.4.5. Zur notwendigen Steuerung und Kontrolle*75

Mit der Feststellung der kommunalwirtschaftsrechtlichen Adäquanz der neuen Organisationsform ist jedoch die zweite wesentliche Wertungsfrage noch nicht beantwortet. Auslagerung und/oder Organisationsprivatisierung müssen nicht nur wirtschaftlich und wirtschaftsrechtlich, sondern auch verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. *76 Sie müssen der besonderen Bedeutung und den Aufgaben kommunaler Selbstverwaltung unter dem Grundgesetz und der jeweiligen Landesverfassung entsprechen. Das bedeutet aber, dass Privatisierung nicht um jeden Preis zu haben ist. Neben der Effizienz darf die demokratische Legitimation kommunaler Selbstverwaltung nicht unbeachtet bleiben, ja sie bestimmt wesentlich Voraussetzungen und Grenzen verwaltungsorganisatorischer Neuerungen.

Aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben für das kommunale Wirtschaftsrecht kommt dem Demokratieprinzip vorrangige Bedeutung zu. Aus ihm ist als wesentliches Strukturelement für alles kommunale Handeln u.a. der Grundsatz der parlamentarischen Verantwortlichkeit (Art. 20 Abs. 2 GG) abzuleiten, der über den Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG auch für den kommunalen Bereich gilt. *77 Kommunale Unternehmen müssen daher grundsätzlich der Leitungs-, Steuerungs- und Kontrollverantwortung eines aus Wahlen hervorgegangenen repräsentativ-demokratischen Organs unterworfen sein. *78 Auslagerung und/oder Organisationsprivatisierung dürfen die Gesamtverantwortlichkeit vom Rat und Bürgermeister nicht grundlegend ändern.

Die Grundverantwortung bleibt hoheitlich. Diese Verantwortung ist nicht teilbar.

Auf dieser verfassungsrechtlichen Grundlage ergeben sich notwendigerweise maßgebliche Ingerenzpflichten des Rates bzw. des Bürgermeistersgegenüber kommunalen Unternehmen, bestimmt durch das Verbot der Flucht aus der Grundrechtebindung in Privatrechtsformen, den Grundsatz der Einheit der Kommunalverwaltung und die Begrenzung der Organisationshoheit durch die Sicherung notwendiger Einwirkungsmöglichkeiten.

Zur Sicherung einer gesetzesentsprechenden Führung eines kommunalen Unternehmens darf freilich nicht allein auf die kommunaladäquate Handhabung der Möglichkeiten durch die maßgeblichen Personen – hier den Bürgermeister und die Mitglieder des Verwaltungsrats – vertraut werden, es bedarf vor allem der rechtlichen Absicherung der Einwirkungsnotwendigkeiten. Hier liegt ein besonderes Problem, aber auch ein Vorteil der neuen Rechtsform, da die meisten Gesetzgeber sich in konkreten Vorgaben zurückgehalten *79 und nur Grundvoraussetzungen für das Kommunalunternehmen bzw. die AöR formuliert haben. Auch die Kommunalunternehmensverordnung Bayern – in Anlehnung an die EVO formuliert – hat z.B. zum Weisungsrecht (Art. 9o Abs. 2 Satz 4 GO), zu Transparenz und Sachkundevoraussetzungen keine näheren Vorgaben normiert. Daher bedarf es für Kommunalunternehmen ebenso wie für Eigengesellschaften – kommunale Unternehmen in Privatrechtsform – der entsprechenden Ausgestaltung der Unternehmenssatzung. Dabei kommt es darauf an, den Spagat zwischen Kommunaler Steuerung und unternehmerischer Freiheit zu lösen. *80

Steuerung und Kontrolle dürfen nicht durch das Gesellschaftsrecht unterlaufen werden.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Weisungsrechte und Kontrollen bedeuten nicht ein Hineinregieren des Gemeinderats in sein kommunales Unternehmen. So wie der Rat sich – entgegen vielfältiger Praxis – auf echte Ratsaufgaben beschränken und aus der Einzelfallentscheidung zurückziehen sollte, so kann seine Aufgabe im Bereich des Kommunalunternehmens auch nur eine (Vor-)Steuerung in Form von Leitentscheidungen und eine allgemeine Kontrolle darstellen. Ratsgremien müssen sich darauf beschränken, Ziele gemeindlichen Handelns zu formulieren und nicht den Beschlussvollzug bis an die Schreibtische zu reglementieren. Würde man Steuerung und Kontrolle anders sehen – Steuerung der Einzelentscheidung, Kontrolle der Einzelentscheidung etc. –, so würde dies den Zweck einer Auslagerung kommunaler Aufgaben auf eine selbständige Anstalt oder auch ein Unternehmen in Privatrechtsform konterkarieren. *81 Nicht umsonst ist die neue Organisationsform geschaffen worden, um unternehmerisches Handeln und Kostenbewusstsein zu ermöglichen. *82

Steht die einzelne Kommune vor der Gründung, Ausgründung oder Umgründung eines Unternehmens, so hat sie neben den kommunalrechtlichen Kernvoraussetzungen – auf die im Vortrag allein eingegangen werden konnte – eine ganze Palette von weiteren rechtlichen aber auch strategischen Fragen zu prüfen. *83

Die neue brandenburgische Kommunalverfassung verlangt sogar, jeder Neugründung ein öffentliches Markterkundungsverfahren vorzuschalten und auch der zuständigen IHK Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. *84 In jedem Falle wird es maßgeblich um die Abgrenzung der nutzbaren Rechtsformen gehen.

Eine besondere Bedeutung kommt schließlich der konkreten Ausgestaltung des kommunalen Beteiligungsmanagements zu. *85 In der Folgezeit werden sich wohl alle Gesetzgeber zu einer detaillierter werdenden Normierung der Voraussetzungen entschließen, so wie dies jüngst der brandenburgische Gesetzgeber getan hat. *86

3. Zusammenfassung und Wertung

Im Gesamtsystem eines modernen kommunalen Wirtschaftsrechts stellt das Kommunalunternehmen als öffentlich-rechtliche Rechtsform – ausgestaltet mit Vorzügen privatrechtlicher Organisationsformen – ebenso wie die unternehmensbezogene Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) in Abgrenzung zur bevorzugten Unternehmensform der GmbH einen wesentlichen Eckpfeiler dar. Es offeriert den Kommunen bei der Entscheidung über Umstrukturierungen oder Neugründungen eine denkwürdige Alternative zur Privatrechtsform.

Der „wind of change“ *87 hat die Ländergesetzgeber veranlasst, den Kommunen die adäquaten Organisationsformen bereitzustellen. Die Kommunen sollten ihren Nutzen bedenken und gegebenenfalls im Wege von Um- und Neugründungen realisieren. *88

Seit Einführung des Kommunalunternehmens als Anstalt des öffentlichen Rechts im Jahre 1995 entstanden in Bayern bereits 123 Unternehmen dieser Rechtsform, davon 9 gKU. Diese Zahlen können sich sehen lassen, zumal sie sich nur auf Neugründungen beziehen. Alexander Schraml spricht sogar von der Erfolgsgeschichte einer Rechtsform. *89 Für Umgründungen privater kommunale Unternehmen besteht allerdings regelmäßig kein Anlass, da auch namentlich díe kommunalen GmbHs gut funktionieren und den „neuen“ Steuerungs- und Kontrollerfordernissen angepasst wurden und werden. *90 In diesem Punkte leiden noch viele ältere Unternehmenssatzungen.

In Nordrhein-Westfalen wurde ca. 70 Mal von der seit 1999 bestehenden Möglichkeit der Errichtung einer „rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts“ Gebrauch gemacht. *91 In anderen Ländern hat die neue Rechtsform bislang weniger Resonanz gefunden. Ein Grund dafür liegt sicher in der Tatsache, dass im Zeitpunkt der Einführung der neuen Rechtsform bereits weitgehend Ausgründungen in private Rechtsformen bestanden haben.

Das Spektrum der Unternehmensgegenstände reicht von der Vermarktung einer Stadthalle über den Betrieb von Kläranlagen, Wasserwerken und Bauhöfen bis hin zu Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Verkehrsbetrieben und Theatern.

Die Erfahrungen mit dieser Rechtsform sind bislang durchweg positiv. *92

Nutzen die Kommunen bei Gründung kommunaler Unternehmen oder Umwandlung in kommunale Unternehmen die offene Ausgestaltung des neuen Rechtsinstituts selbstverwaltungsadäquat, d.h. nutzen sie ihre Organisationshoheit bei der Formulierung der Unternehmenssatzung so aus, dass ihnen die erforderlichen Einwirkungsmöglichkeiten und den Unternehmensorganen die erforderliche Freiheit für die Erfüllung ihrer Aufgaben garantiert sind, so kann man die neue, mittlerweile sich etablierende Organisationsform als gelungenen Verbund zwischen unternehmerischer Freiheit und kommunaler Steuerung bewerten.

Im Blick auf eine weitere Fortentwicklung des kommunalen Unternehmensrechts *93 müssten eine ganze Reihe von Aspekten angesprochen werden, so etwa die Öffnung in Richtung kommunaler Zusammenarbeit *94 oder „auch nur“ der Kapitalbeteiligung Privater an kommunalen Unternehmen, vor allem aber müsste der in manchen Rechten immer noch bestehende Streit über die Bedeutung der Subsidiaritätsklausel entschärft werden. Zudem bedarf es der legislatorischen Klärung, dass auch Tochter- und Enkelunternehmen in die Steuerung und Kontrolle einzubeziehen sind.

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pp.22-32